Tore auf!

In Lübeck kann man sich gut vorstellen, wie alte Städte sich zu schützen wussten: eine Stadtmauer oder ein -Wall und ein oder mehrere Tore, davor ein Wächter. Hinein kommt nur, wer in der Stadt wohnt oder als Fremder eindeutig friedliche Absichten hat.

Nachts und in unruhigen Zeiten wurden die Tore geschlossen gehalten. Jetzt aber schallt ein Ruf durch die Straßen: öffnet die Tore, denn der, der zu uns kommt ist lang ersehnt und willkommen.

Das, was nun geschieht, ist alles andere als gewöhnlich. Denn auf den ersten Blick ist wenig zu sehen. Kein großes Gefolge, aber auch kein einzelner Reiter oder Fußgänger. Die Ankunft vollzieht sich leise und geheimnisvoll, aber voller Kraft.

Später werden die Menschen sich fragen, woran sie es eigentlich bemerkt hatten. Da war wieder Hoffnung, sagt eine. Ich bin aufgestanden, sagt ein anderer. Wir haben es noch einmal versucht; Die Angst ist kleiner geworden; Ich habe losgelassen; so versuchen sie die Veränderung in Worte zu fassen.

Da erzählt einer noch etwas: Da war dieses Kind. Ich habe es angeschaut. Das ganze Leben. Alles da. So viel Zärtlichkeit. So viel Kraft. Unendlich wertvoll. Zart, bedürftig. Angewiesen darauf, dass ich es schütze.

Und da wusste ich auf einmal, was ich zu tun habe.

Pastorin Nicola Nehmzow, St. Aegidien