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Nachruf auf Günther Uecker

Nachruf auf Günther Uecker

Nachruf auf Günther Uecker

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Nachruf auf Günther Uecker

Vor 25 Jahren, im Sommer des Jahres 2000, zeigte der Planet of Visions auf der EXPO in Hannover Visionen für das Leben der Menschen in einer Welt im 21. Jahrhundert, Visionen von einer besseren Welt, zum Teil ganz fantastische Vorstellungen! Die ganze EXPO, die erste, die in Deutschland stattfand, stand unter dem Motto „Mensch – Natur – Technik – eine neue Welt entsteht.“

Zum EXPO-Gelände gehörte die Ruine der Aegidienkirche. Inmitten dieser 1943 durch Bomben zerstörten Kirche standen 14 gebrochene Kreuze aus Holz, die Günther Uecker geschaffen hat. Der Christ und Friedensfreund Günther Uecker überließ sich nicht seinen Träumen. Seine Kreuze schockierten – kein Kreuz war heil, alle waren sie bandagiert und wie provisorisch zusammengeflickt. Binden, die zu bluten schienen, hielten die Kreuze zusammen mit Nägeln, die sichtbar in sie hineingeschlagen waren.-Da standen sie, Wind und Wetter ausgesetzt wie verletzte Wesen, vielleicht als Mahnung, bei allen schönen Zukunftsvisionen nicht zu vergessen, wie verletzlich unsere Welt ist.

Vor mehr als 20 Jahren haben diese 14 Kreuze in der südlichen Chorumgangskapelle von St. Marien zu Lübeck ihren Platz gefunden. Viele schöne Kunstwerke erfreuen uns in dieser noblen Kirche, aber wie bei den abgestürzten Glocken in der Gedenkkapelle, so werden wir auch hier erinnert, dass ungeheurer Schmerz, Krieg und brutale Verletzungen nicht aus der Welt verbannt sind.

Günther Uecker ist als Nagelkünstler weltweit bekannt. Immer wieder gestaltet er Werke des geschundenen Menschen, oft sehr radikal. Uecker positionierte sich längst eindeutig politisch. Das Entsetzen packte den Mecklenburger Künstler im Jahre 1992 nach den fremdenfeindlichen Brandanschlägen in Rostock-Lichtenhagen. Danach schuf er eine ganze Werkgruppe „Der geschundene Mensch“, die bald darauf in der ganzen Welt gezeigt wurde. Uecker machte auf die Verletzungen des Menschen durch den Menschen aufmerksam; er schrie seine Botschaft förmlich heraus.

Doch manchmal zeigte er seine sehr liebevoll-freundliche Seite, wie zuletzt bei den Kirchenfenstern für den Schweriner Dom, die er in sanften Blautönen gestaltet hat.

Am 10. Juni 2025 ist der Künstler Günther Uecker 95-jährig gestorben. Seine Botschaft lebt in uns weiter.

Von Jochen Eicke

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