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Menschenskinder! Gottes Kinder haben Charakter. - Predigt zum Trinitatisfest

Menschenskinder! Gottes Kinder haben Charakter. - Predigt zum Trinitatisfest

Menschenskinder! Gottes Kinder haben Charakter. - Predigt zum Trinitatisfest

# D | Predigten

Menschenskinder! Gottes Kinder haben Charakter. - Predigt zum Trinitatisfest

Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit euch allen! 

Menschenskinder, ein Kind mit Charakter. Darüber staunen Eltern, liebe Gemeinde. Kaum ist ein Kind auf der Welt mit Hand und Fuß, Haut und Haar, zeigt es, dass es seinen eigenen Kopf hat. Glück ohne Worte, Jubel ohne Grenzen, Liebe durchflutet das Herz: Gelobt sei Gott, der Vater unseres Herrn Jesus Christus! Er hat uns gesegnet mit allem Segen, der von seinem Geist erfüllt ist. Geschenk des Himmels, überirdisch, unfassbar, o Staunen, o Wunder. Und im nächsten Moment eben auch das: So ein Kind macht viel Bekümmernis. Ist nicht bloß süß, schläft durch nach Plan und verhält sich nach Wunsch, sondern hat eigene Bedürfnisse und einen erstaunlich starken Willen. Der wächst mit den Jahren. Kleine Kinder, kleine Sorgen, große Kinder, große Sorgen, Sie kennen das. Seufzer, Tränen, Kummer, Not gehören von Anfang an dazu. Wer mit Kindern zu tun hat, kann ein Lied davon singen. Oder eine Kantate. Vom Kümmern, Bekümmernissen aller Art, aber auch von wundersamen, erquickenden Tröstungen und Freuden.

Menschenskinder, was für ein Trost und Segen von Anfang an. Der Apostel des Epheserbriefes bringt das so auf den Punkt: Im Himmel hält Gott Segen für uns bereit. Denn wir gehören zu Christus. Weil wir zu ihm gehören, hat Gott uns bereits erwählt, bevor die Welt erschaffen wurde. […] Er hat uns im Voraus dazu bestimmt, seine Kinder zu werden. Durch Jesus Christus hat er uns dazu gemacht, und zu ihm sollen wir gehören. So gefiel es Gott, und das war sein Wille. Gewollt und geliebt von Anfang an bei Gott, was für eine große, großartige, beglückende Zusage! Wir sind Kinder unserer Eltern, Kinder unserer Zeit, Kinder dieser Welt – und bei alledem und vor alledem, noch vor allem anderen immer schon Kinder Gottes. Egal ob gute Zeiten, schlechte Zeiten: Dieses Versprechen gilt. Gerade da, wo die Nerven blank liegen, wo der Kummer groß ist, wo vor lauter Kümmern um andere das eigene Herz ganz verschüttet ist, erinnert die Kantate uns an Gott und Gott an uns: „Wie hast du dich, mein Gott, / In meiner Not, / In meiner Furcht und Zagen / Denn ganz von mir gewandt? / Ach! kennst du nicht dein Kind?“ Kannst du dein Kind übersehen, wo sonst keiner hinsieht? Siehst du mich nicht? Kleine Kinder, kleine Sorgen, große Kinder, große Sorgen, offenbar kennt das auch Gott. Kennt meinen Dickkopf und meinen Willen, unbedingt den eigenen Weg zu gehen, auch wenn ich mich völlig verrenne. Kennt mein gottverlassenes Alleinsein, meine Versagensangst, meine höllischen Bauchschmerzen. Kennt meine kleinen Sorgen und die großen Nöte der Menschen, denen es dramatisch viel schlechter geht. Weil er „mit Bund und Treu verwandt“ ist mit seinen Menschenkindern. Mit jedem einzelnen, ist das nicht zum Staunen? So unterschiedlich, wie wir alle sind, wir und unsere Bekümmernisse? Wir Kinder mit unserem kleinen großen Herz und Verstand – und unterschiedlichem Charakter, siehe oben.

Die wenigsten Eltern wünschen sich ein langweiliges Kind. Die meisten staunen, welche ganz eigene Prägung ein Kind mitbringt von Geburt an. Sontje etwa, die heute konfirmiert wird. Bei ihr sind „ängstliches Sehnen“ und ein „beklemmtes Herz“ keine hervorstechenden Charaktereigenschaften, im Gegenteil. Sontje trägt die Sonne schon im Namen. Ein sonniges Gemüt, kein bekümmertes. Kein Kind von Traurigkeit. Sontje kann strahlen und mitreißend fröhlich sein. Die Freundinnen sagen: Mit ihr kann man lachen und im nächsten Augenblick ein ernstes Gespräch über alle Sorgen führen. Sie ist immer gut drauf, außer wenn sie Hunger hat. Ihr Lächeln und Lachen erhellen den Tag. Sontje macht sich Gedanken. Übernimmt Verantwortung. Steht zu dem, was sie sagt und was sie tut. Eben eine Konfirmandin mit Charakter. Menschenskind! Und zugleich: Gottes Kind. Ein Kind, ein junges Mädchen, eine Jugendliche ganz eigener Art und mit Eigenarten. Geprägt von Eltern, Familie, Freundinnen, Schule und Hobbies – und von Gott. Denn Charakter ist im wahrsten Sinne des Wortes eine Prägung. Das alte griechische Wort meint den Prägestab, den Prägestempel. Den gibt es heute kaum noch, aber Siegel durchaus. Freundschaften werden besiegelt. In Ringe wird etwas eingeprägt, ein Name, das Datum der Hochzeit. Manche Familien haben einen Siegelring. Besonders kostbare Briefe wurden früher besiegelt oder sogar versiegelt. Bis heute sind kirchliche Urkunden zur Hochzeit, Taufe oder eben Konfirmation nur gültig mit dem Siegel der Gemeinde. Das wird verschlossen aufbewahrt für die wichtigsten Ereignisse.

Mit Brief und Siegel gehörst du zu Gott und zur Gemeinde, liebe Sontje. Das Zeichen des Kreuzes ist das Siegel, die Prägung, der Charakter, der für dich entscheidend ist in deinem Leben. Bei deiner Taufe wurdest du gesegnet mit dem Kreuz. An deiner Stirn, damit all dein Denken offen ist für und von Gott. An deinem Mund, damit alles, was du sagst, geprägt ist von der Liebe. An deinem Herzen, damit alles, was du fühlst, getragen ist von der Hoffnung. Das Zeichen des Kreuzes sagt: Du bist ein königlicher Mensch. Von Gottes Gnaden. Mit größter Vollmacht. Du bist begabt von Gott und mit Gott. Darauf geben wir dir Brief und Siegel. Weil wir zu ihm gehören, hat Gott uns bereits erwählt, bevor die Welt erschaffen wurde, heißt es im Brief für den heutigen Sonntag. Denn wir sollen heilig und makellos vor ihn treten können in der Liebe. Er hat uns im Voraus dazu bestimmt, seine Kinder zu werden. Durch Jesus Christus hat er uns dazu gemacht, und zu ihm sollen wir gehören.

Liebe Gemeinde, wenn Menschen das spüren, dass sie zu Gott gehören, ist das ein Geschenk. Wenn sie öffentlich sagen: Ich bekenne mich zu Gott, ich möchte dazugehören, dann ist das groß, mutig und wunderbar. Mich berührt das, wie Jugendliche ihren kindlichen Glauben hinterfragen und sich sehr erwachsene Gedanken machen. Voller Vertrauen gehen sie ihren Weg, da staune ich. Auch darüber, wie sie unbefangen in der Bibel lesen und Worte für ihren Weg finden. So hat Sontje ihren Konfirmationsspruch gewählt, ohne zu wissen, welches Thema heute vorgegeben ist und welche Kantate erklingt: Seht doch, wie groß die Liebe ist, die der Vater uns geschenkt hat: Wir heißen Kinder Gottes, und wir sind es tatsächlich, 1. Joh. 3,1.

Tatsächlich, Sontje, du bist ein Gotteskind und für uns ein Glückskind. Was alles in dir steckt, das wurde in der Taufe auf den Namen Jesu sichtbar und spürbar markiert. Jesus selbst ist das Siegel des Vaters, sagt der Evangelist Johannes (Joh. 6, 27). Mit ihm sind wir in der Taufe gezeichnet und ausgezeichnet. Besiegelt und versiegelt in Gott. Wie eine geheime Verschlusssache. Jeder Mensch birgt und ist zugleich ein einmaliges Geheimnis. Hat Möglichkeiten und Begabungen. Hat einen einmaligen Charakter. Sontje hat ihre Prägung fürs Leben. So, wie wir alle. Weil wir zu Christus gehören, wurden wir als Erben eingesetzt – so wie Gott es für uns im Voraus bestimmt hat. So hat er es beschlossen, der ja alles bewirkt. Nach seinem Willen sollte es geschehen. Denn wir sollen dem Lob seiner Herrlichkeit dienen – wir, die schon zuvor auf Christus gehofft haben. Weil ihr zu ihm gehört, hat Gott auch euch sein Siegel aufgedrückt. Dieses Siegel ist der Heilige Geist, den er versprochen hat.

Von Gott gewollt. In Christus geliebt. Im Geist besiegelt. Das gilt. Vom Anfang bis zum Ende. Was auch immer das Leben bringt. Welche Stürme und Wellen uns überfluten, welche dramatischen, unheilvollen Bekümmernisse, wie die Musik sie nahebringt heute. In all dem, noch in den schwärzesten Momenten gilt immer der Zuspruch Gottes in Christus, den wir gleich hören werden im Rezitativ: „Ich bin dein treuer Freund, der auch im Dunkeln wacht.“ 

Zu ihm bekennt Sontje sich heute. Zur Gnade unseres Herrn Jesus Christus und zur Liebe Gottes und der Gemeinschaft des Heiligen Geistes bekennen wir uns mit ihr. Menschenskinder! Und: Gotteskinder. Kinder mit Charakter allesamt. Geprägt und geliebt für immer und ewig.

Amen

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