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Hundertster Geburtstag von Dr. Casimir Katz

Hundertster Geburtstag von Dr. Casimir Katz

Hundertster Geburtstag von Dr. Casimir Katz

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Hundertster Geburtstag von Dr. Casimir Katz

Weitsicht, Engagement und Menschlichkeit

Am 7. September jährt sich der Geburtstag von Dr. Casimir Katz zum hundertsten Mal. Was der Autor dieser Zeilen 2008 in einem Nachruf schrieb, gilt unverändert: Dr. Katz war eine einzigartige Unternehmerpersönlichkeit, die sich durch Weitsicht, Engagement und Menschlichkeit auszeichnete.

Was heißt es, in eine Familie hineingeboren zu werden, deren Mitglieder über acht, neun oder noch mehr Generationen hinweg Außerordentliches geleistet haben, die dadurch zu Wohlstand und Ansehen gelangt ist? In seinem 2005 erschienenen Roman „Die Holzbarone“, seiner groß angelegten Chronik einer lndustriellenfamilie, ging der Gernsbacher Unternehmer Dr. Casimir Katz dieser Frage auch im Rückblick auf sein eigenes Leben nach. Je nach Charakter oder Persönlichkeit stellt sich im Roman wie im wirklichen Leben der eine der Verpflichtung, dieses Familienerbe im materiellen wie im immateriellen Sinne zu bewahren, während ein anderer auszubrechen sucht. Aber immer prägt die Tradition, die Stütze und Last zugleich ist, das Leben des Einzelnen. 

Casimir Katz, am 7. September 1925 als Spross einer alten Schwarzwälder Kaufmanns- und Fabrikantenfamilie in Lübeck geboren, zählte zu denen, die der Verantwortung nicht auswichen, sondern als persönliche Herausforderung annahmen. Es war vor allem seine Großmutter Johanna, die „Patriarchin“, der er später auch eine lesenswerte Biographie widmete, die ihm die Geschichte, die Werte und die Bedeutung der eigenen Familie vermittelte. „Aufwärts – Vorwärts“ lautete der Wahlspruch ihres verstorbenen Mannes Casimir Otto Katz, des Gernsbacher Ehrenbürgers; ein Wahlspruch, den sie an ihren Enkel weitergab. Ihre Bedeutung hatte die Familie über Jahrhunderte mit dem Handel und der Bearbeitung von Holz erlangt. Holz und Wald standen daher auch für Casimir Katz im Mittelpunkt seines Lebens, selbst wenn sich der Fokus seiner beruflichen Aktivität bald von der Industrie auf den Dienstleistungssektor verlagerte. 

Seine Kindheit und Schulzeit verbrachte Casimir Katz in Lübeck, wo sein Vater das dortige Werk des Familienunternehmens Katz & Klumpp leitete. Der alten Hansestadt blieb Casimir Katz zeitlebens eng verbunden, sie war ihm neben Gernsbach und dem Schwarzwald Heimat. Über die Ostsee reichten seine privaten und beruflichen Beziehungen auch nach Skandinavien, vor allem nach Schweden und Finnland. 

Seine lange Karriere als Unternehmer, die nach betriebswirtschaftlichem Studium und Promotion 1951 mit dem Eintritt bei Katz & Klumpp begann und die er ab 1962 als selbständiger Unternehmensberater und Journalist und bald auch als Verleger fortsetzte, war geprägt durch seinen Mut zu Visionen. Sie gründete aber nicht weniger auf seinem immensen Wissen, seinem enormen Fleiß und der großen Beharrlichkeit, mit der er seine Ziele verfolgte. Seine bedeutendste unternehmerische Leistung stellte der Auf- und Ausbau des Europäischen Wirtschaftsdienstes EUWID dar, den er ab 1968 aus kleinsten Anfängen heraus zu einem weltweit gelesenen, renommierten Brancheninformationsdienst entwickelte. Er erscheint aktuell (2025) in Deutsch und Englisch in fünf Ausgaben für insgesamt 56 Branchen. 

Für die Umsetzung seiner Grundidee, den Entscheidern in der Wirtschaft das für erfolgreiches Handeln nötige Marktwissen in branchenbezogenen Informationsmedien aktuell, kompakt und kompetent zur Verfügung zu stellen, brachte er selbst die besten Voraussetzungen mit: Neben seinen intimen Branchenkenntnissen insbesondere auf dem Holz- und Papiersektor war es seine Fähigkeit, auch komplexe Zusammenhänge rasch zu erfassen und ebenso prägnant wie verständlich zu formulieren. Dr. Casimir Katz pflegte den Dialog mit einer Vielzahl von Gesprächs- und Briefpartnern. Der Erfolg des EUWID wäre ohne das sorgfältig aufgebaute Netzwerk aus mehreren hundert Informanten, mit denen Dr. Katz regelmäßig in Kontakt stand, unmöglich gewesen. Die Kommunikation war für ihn aber nicht nur notwendiges journalistisches Arbeitsmittel, im persönlichen Austausch zeigte sich seine Hinwendung zum Mitmenschen, der echtes Interesse und innere Anteilnahme zugrunde lag. 

Als Verlagsstandort hielt Dr. Katz Gernsbach stets die Treue. Im alten Familiensitz in der Bleichstraße wurde im Laufe der Jahre immer wieder Platz geschaffen, um die wachsende Zahl der Mitarbeiter unterzubringen. Zugleich blieb das Ende des 18. Jahrhunderts von Friedrich Weinbrenner errichtete Bürgerpalais auch Wohnhaus der Familie. Nicht nur räumlich herrschte eine starke Verbindung zwischen dem privaten Bereich und der Sphäre des Verlags. Dr. Katz pflegte ein enges Verhältnis zu seinen Mitarbeitern, das von Vertrauen und Respekt getragen war. 

Die von ihm aufgebaute und geleitete Verlagsgruppe umfasste neben dem EUWID, der heute über 80 Beschäftigte zählt, bereits seit 1969 den Deutschen Betriebswirte Verlag sowie den 1985 gegründeten Casimir Katz Verlag, der auf historische Sachbücher und Biographien spezialisiert ist. In ihm erscheint seit 1994 auch der „Gernsbacher Bote“.

Dass er den Katz Verlag mit sechzig Jahren aus der Taufe hob, in einem Alter, in dem andere längst an Ruhestand gedacht hätten, kennzeichnet die Arbeits- und Lebenseinstellung eines Menschen, der sich bis in seine letzten Tage schaffend und schöpferisch zu verwirklichen suchte. Seine Liebe zur Geschichte, der er mit dem Katz Verlag eine gediegene Plattform gab, besaß dabei eine kräftige Quelle in der Geschichte seiner eigenen Familie, deren Spuren sich in Gernsbach und Pforzheim bis ins frühe 17. Jahrhundert zurückverfolgen lassen. In der Beschäftigung mit der Vergangenheit drückte sich aber auch erneut sein lebhaftes Interesse am Menschen und dem menschlichen Schicksal aus. Es ist kein Zufall, dass gerade Biographien im Verlagsprogramm einen besonderen Rang einnehmen.

Neben seiner Tätigkeit als Verleger engagierte sich Dr. Katz in der Murgschifferschaft, der ältesten, heute noch bestehenden deutschen Holzhandelsgesellschaft. Ab 1983 gehörte er ununterbrochen dem Verwaltungsrat der Waldgenossenschaft an, seit 1997 war er Vorsitzender des Gremiums. Die Zukunftsfähigkeit und Unabhängigkeit der Murgschifferschaft zu sichern, war ihm ein besonderes Herzensanliegen. Dass sich derzeit die Möglichkeit abzeichnet, die seit 150 Jahren in staatlicher Hand befindlichen Anteile zurück zu erwerben, hätte ihn sicher besonders gefreut.

Entspannung fand Casimir Katz, der in einem kunstsinnigen Elternhaus aufgewachsen war, bereits seit seiner Jugend in klassischer Musik, Theater und schöngeistiger Literatur. Seine lebenslange Leidenschaft für das Schauspiel schlug sich auch in mehreren selbst verfassten Bühnenwerken nieder, in denen er die politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Verhältnisse der Gegenwart hellsichtig und mit viel Witz analysierte. Als genauer Beobachter seiner Zeit erwies er sich auch in den Erinnerungen an seine Kindheit und Jugend im Dritten Reich, die er unter dem Titel „Jeder sah es anders“ in Buchform veröffentlichte. 

Dr. Casimir Katz stellte frühzeitig die Weichen für die Fortführung seiner Betriebe, blieb aber bis zuletzt in das Tagesgeschehen der Verlage eingebunden. Mit der Kraft seiner Ideen und Visionen und nicht zuletzt als Vorbild wirkt er bis heute weiter.

      Wolfgang Froese

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